Der Tur Abdin – ein trockenes, hügeliges Hochland in der heutigen Südosttürkei, gelegen zwischen dem Tigris im Norden und Osten sowie der syrischen Grenze im Süden – gilt als eines der ältesten Ursprungs- und zugleich letzten Siedlungsgebiete der aramäischen Christen. Bereits im 2.Jh. wurde hier der christliche Glaube verkündet. Ab dem 4. Jh. führten Mönche den Tur Abdin endgültig zum Christentum. Das war verbunden mit der Errichtung von Klöstern in fast jedem Ort. Daneben wurden, vor allem ab dem 5./6. Jh., hunderte Kirchen errichtet.
Mit der Eroberung von Byzanz und damit auch des Tur Abdin durch die Araber zu Beginn des 7. Jh. erlebte der Kirchen- und Klosterbau wechselnde Phasen. Neben Zeiten der Restriktion standen im Gefolge der Kirchenspaltung umfangreiche, von den arabischen Herrschern begünstigte Bauphasen, in denen viele neue Klöster und Kirchen entstanden. Hier ist auch eine baugeschichtliche Zäsur anzusetzen, die die Kirchenbauten in die Zeit vor und nach der arabischen Eroberung einteilt.
Nach diesen relativen Blütephasen wurden jedoch besonders während der großen historischen Einschnitte im Tur Abdin zahlreiche Klöster und Kirchen zerstört: Ab dem 12. Jh. verwüsteten zunächst die Mongolen, im 15. Jh. dann die Kurden den Landstrich; der Völkermord an den Armeniern während des 1. Weltkriegs hatte verheerende Auswirkungen auch auf ihre Kirchen, gleiches gilt für den Kurdenaufstand 1924-28 gegen die Türken, bei dem sich die Kurden in Klöstern und Kirchen verschanzten, die von den Türken zusammengeschossen wurden. Auch wenn 2021 neun Kirchen und Klöster des Tur Abdin in die vorläufige Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurden, ist die Bedrohung nicht gebannt, zumal der türkische Staat schon 2017 mehr als 50 dieser sakralen Gebäude konfisziert hatte.
Eine Ausstellung zeigt die große Vielfalt und Schönheit der Kirchen und Klöster des Tur Abdin zusammen mit der mehr als dreitausend Jahre alten aramäischen Sprache. Sie wird am Sonnabend, 14. Januar 2023, nach der Abendmesse im Pfarrsaal von Kleinmachnow mit einer kurzen Einführung durch Frau Dr. Selva Can, aramäische Dolmetscherin und Initiatorin der Ausstellung, eröffnet. Dazu sind alle Interessierten herzlich eingeladen!
Irmgard Mann